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Lebenszeichen

Ich glaube ich fange erst gar nicht davon an, dass ich schon ewig nichts mehr geschrieben habe und so weiter. Ich denke es ist das Beste, dass ich mich selbst gar nicht so unter Druck setze und auf Teufel komm raus regelmäßig was posten will. Wenn ich es mal eine Zeit lang nicht schaffe ist es kein Weltuntergang und wenn ich es mal wieder regelmäßiger schaffe, umso besser. Vorbei mit dem unter Druck setzen und vorbei mit der Selbstgeißelung, wenn ich es mal wieder nicht so perfekt wie in meinen Vorstellungen läuft. Das Leben ist zu kurz, als dass ich es mir selbst so schwer mache.

 

Wenn ich diese Zeilen noch einmal lese, dann ist es sehr ungewohnt, denn das klingt irgendwie so gar nicht nach mir. Normalerweise muss ich immer alles perfekt haben, eben genauso, wie ich es mir in meinen Vorstellungen ausgemalt habe und wenn ich es mal nicht so hinbekomme, dann bin ich ein Versarger und Nichtsnutz. So war es zumindest bisher, aber ich habe gelernt, dass es genau das war, was mir immer so zugesetzt hat. Wenn mir das schon früher klar geworden wäre, wäre mir wohl viel Kummer erspart geblieben.

Letztendlich stimmt es, wenn man gesagt bekommt, dass man des eigenen Glückes Schmied ist. Doch um das zu begreifen, habe ich sehr lange gebraucht. Es funktioniert nicht immer, mich daran zu halten, aber ich bin auf einem guten Weg. Es wird immer Höhen und Tiefen geben, doch es liegt allein an mir, mich wieder zu fangen und mich nicht wieder in meinem Selbstmitleid zu verlieren.

 

Was ist in den letzten Monaten passiert, dass ich zu solchen Erkenntnissen gekommen bin? Ich sage es mal so: Ich war in vielen Löchern, die mit teilweise Bodenlos vorkamen und bei denen ich gedacht habe, dass ich es niemals wieder heraus schaffe. Es gab viele Erfolgserlebnisse nach denen oft einige Rückschritte folgten, doch ich habe nicht aufgegeben und habe gekämpft. Ich muss zugeben, dass ich mir manchmal noch Hilfe geholt habe, in Form von pflanzlichen Helferlein, die mir meine Hausärztin empfohlen hat, oder von meiner Familie. Nicht falsch verstehen, ich will nicht sagen, dass es schlimm ist, sich Hilfe zu holen, im Gegenteil, ohne meine Therapeutin wäre ich noch lange nicht da, wo ich jetzt bin.

 

Aber gerade bei mir war es in der Vergangenheit oft so, dass ich unliebsame Aufgaben auf andere Abgewälzt habe. Ich habe dann so lange "gebettelt" oder "gequengelt", bis mir das einer Abgenommen hat oder mich unterstützt hat. Ich hatte sehr lange Schwierigkeiten, die einfachsten und selbstverständlichsten Dinge zu erledigen. Selbst meinen Sohn von der Kita zu holen war ein Graus für mich. Oder genauer zu sein, mit ihm alleine etwas unternehmen, weil ich immer Angst hatte, dass er nicht hört, wegläuft oder noch schlimmeres passiert. Aktuell bin ich sehr stolz darauf, dass ich inzwischen zu einer Vollblutmama mutiert bin.

Ich liebe es Zeit mit meinem Sohn zu verbringen und hole ich alleine ab, mache Ausflüge mit ihm und bringe ihn sogar öfters abends ins Bett, weil er es sich wünscht.

 

Eine Baustelle habe ich noch und die ist glaub ich die Schwierigste zu bearbeiten und etwas, was mich noch ziemlich ins Schwanken bringen kann. Die Zusammenarbeit mit meinem inneren Kind. Ich habe es zwar schon etwas geschafft mich meinem inneren Kind zu öffnen und ich akzeptiere mich mehr, aber das ist glaub ich dennoch mein gefährlichster Knackpunkt, der, wenn ich nicht aufpasse schneller als mir lieb ist wieder alle Pfeiler, die ich gebaut habe, einreißen kann. Ich hatte vor längerer Zeit glaube ich schon mal erwähnt, dass ich manchmal Eigenschaften eines Hypochonders an den Tag lege. In der Vergangenheit war dies oft der Fall, wenn es mir gerade sowieso nicht so gut ging. Wenn es mir blendend ging, hatte ich nichts. Diese "blöde" Eigenschaft hat sich in den letzten Wochen verstärkt gezeigt, weil es sozusagen das Schwächste Glied in der von mir reparierten Kette ist. Gerade habe ich es einigermaßen im Griff oder besser gesagt, ich schaffe es, mich nicht von den Gedanken verrückt machen zu lassen.

 

Doch dazu muss ich wohl etwas weiter ausholen, damit es einigermaßen Sinn ergibt. Vor etwa 10-12 Wochen hatte mein Mann einen Magen-Darm-Infekt. Ich habe mich anfangs sehr gut dagegen behaupten können und habe ihn und meinen Sohn, der ebenfalls einige Tage damit zu tun hatte, gepflegt. Als es beiden schon wieder recht gut ging, fing es bei mir eines Nachts an. Ich hatte es noch einmal eine Stufe schlimmer als mein Mann, der "nur" Durchfall hatte. Ich musste mich dazu auch noch einige Tage lang übergeben und ich habe nichts drin behalten können. Wo mein Mann nach etwa 7 Tagen schon wieder ganz normal essen konnte, so hat es bei mir fast 2 Wochen gedauert. Doch dabei blieb es nicht. Der Magen-Darm-Infekt wurde besser, doch dann bekam ich zu allem Übel noch eine Gürtelrose, da mein Immunsystem so geschwächt war. Zum Glück hatte ich diese schnell im Griff, so dass ich nicht lange mit Schmerzen zu tun hatte. Doch kaum war die Gürtelrose besser, bekam ich noch einen Magen-Darm-Infekt. Ob es ein Rückfall oder ein komplett neuer Infekt war, konnten wir nicht sagen, ich vermute beinahe ersteres, weil sich in der ganzen Zeit mein Stuhl noch nicht wirklich durchweg gebessert hatte und es oft noch flüssiger war. Der zweite Infekt schlug wieder mit Durchfall und Übergeben zu Buche, nur war es diesmal etwas schneller wieder besser.

 

Durch den Zweiten Infekt, habe ich es geschafft, meine Ernährung umzustellen. Ich habe es Geschafft von meiner Zuckersucht los zu kommen. Habe nun schon seit einigen Wochen keine Softgetränke oder Süßigkeiten zu mir genommen. Ich habe auch kein Verlangen mehr danach. Außerdem habe ich meine Leidenschaft für Vollkornprodukte entdeckt und esse inzwischen mit viel Freude Körnerbrötchen!!! Damit konnte man mich in der Vergangenheit immer Jagen. Noch ein positiver Effekt der sich daraus ergeben hat, ist der, dass ich abnehme. Habe aktuell schon knapp 11,5 Kilo weg.

 

Nun zu den nicht so schönen Dingen... der Panik um meine Gesundheit, den Hypochonder Attacken...

Erst machte ich mir Panik, weil ich eine Gürtelrose bekommen habe. Anfangs gab es keine Panik, doch da sie zum Wochenende kam und ich wissen wollte, wie ansteckend sie ist, habe ich gegoogelt. Was mir da angezeigt wurde, lies meine Panik entfachen. Ich habe jede vernünftige Erklärung beiseitegeschoben und habe mich nur auf eine Sache versteift. Nämlich auf den Part, wo stand, dass man oft eine Gürtelrose bekommt, wenn man eine Darmerkrankung wie Morbus Crohn hat. Da ich ja immer noch Probleme mit dem Darm hatte, malte ich mir das schlimmste aus. Selbst die spätere Aussage meiner Ärztin, dass es nichts Ungewöhnliches sei, nach so einem schweren Magen-Darm Infekt, eine Gürtelrose zu bekommen, beruhigte mich das nicht. Als dann noch der zweite Infekt kam, war es noch schlimmer. Als dann das Gewicht so "schnell" purzelte hatte mein innerer Teufel noch mehr Grund dazu, mich Todkrank zu reden. Ich konnte mich Anfangs nicht über die Abnahme freuen, denn ich meinem verqueren Hirn habe ich ja so oft schon auf Süß Kram verzichtet und habe nie so schnell abgenommen. Dass ich mich in der Vergangenheit jedoch immer selbst belogen habe und es nie lange durchgezogen hab und immer mal wieder "gesündigt" habe, wollte ich einfach nicht wahr haben. Ich habe viele Tage damit verbracht jeden Morgen mit Angst auf meinen Stuhlgang zu warten. Immer mit der Hoffnung, dass er wieder so ist, wie früher. Denn es sollte wieder "normal" werden.

 

Erst meine Therapeutin hat mich auf den Gedanken gebracht, dass es so wie es gerade ist, doch normal sein kann. Ich habe meine Ernährung schließlich radikal geändert. Kein, bzw. kaum noch Zucker (aktuell gönne ich mir ab und an etwas, habe mich allerdings so gut im Griff, dass ich es bei einem Stück Schokolade belassen kann). Außerdem brauche ich auch nicht mehr jeden Tag etwas. Außerdem esse ich viele Vollkornprodukte und ich halte aktuell auch meine 3 Mahlzeiten ein. Muss es jetzt nur noch schaffen, noch mehr Abwechslung in meinen Ernährungsplan zu bekommen, denn aktuell ist es noch ziemlich "langweilig" und es wiederholt sich vieles. Frühstück entweder mein Quark mit Früchten und Müsli oder zwei Vollkorntoast mit den unterschiedlichsten Belägen. Mittags entweder eine Nudelsuppe oder Vollkorntoast mit Frischkäse und Tomaten. Zwischendurch manchmal etwas Obst oder wenn ich Unterwegs bin ein belegtes Vollkornbrötchen vom Bäcker. Nur abends habe ich ein wenig Abwechslung, wenn wir für alle warm kochen. Dennoch bin ich über diesen Fortschritt schon sehr stolz.

 

Ich möchte hier jetzt keinen Abschrecken oder ekeln, indem ich meinen aktuellen Stuhl beschreibe, daher belasse ich das dabei. Ich kann nur sagen, dass es weicher und heller ist als in meiner Vergangenheit und das macht mir Sorgen. Allerdings war es in meiner Vergangenheit so, dass ich fast Täglich einen anderen Stuhl hatte entweder andere Farbe oder andere Konsistenz. Aktuell ist es fast jeden Tag gleich. So jetzt aber mal Themenwechsel.

 

Eine Sache, die mich gerade wirklich Stolz macht ist die, dass ich es geschafft habe, in den letzten zwei Wochen nicht auf meine pflanzlichen Helferlein zurückzugreifen. Ich habe es geschafft, mich komplett ohne selbst zu regulieren, auch ist meine Panik in Bezug auf die Verdauung nicht mehr ganz so schlimm.

 

Ja, ich glaube das waren jetzt die vergangenen 3 oder 4 Monate zusammengefasst. Wenn man bedenkt, dass ich vor etwa 4 Monaten gedacht habe, dass ich komplett untherapierbar bin und ich den letzten Knoten niemals zum Platzen bekommen werde, dafür hab ich doch enorme Sprünge gemacht. Ich nehme mir ab und an auch etwas Zeit für mich und betreibe etwas Selfcare. Meine Motivation ist sehr weit oben, und ich habe es geschafft, eine kleine Down-Phase ohne große Probleme zu überwinden. Ich habe mich nicht verurteilt, sondern es hingenommen, dass der eine Tag nicht so besonders ist und ich eben nichts geschafft bekomme, was ich mir vorgenommen habe und siehe da, am 3. Tag hatte ich meine gewohnte "Stärke" zurück und konnte wieder voll durchstarten. Es fühlt sich so gut an, mein Leben wieder mehr im Griff zu haben.

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Kommentare: 1
  • #1

    Birgit Müller (Dienstag, 17 Oktober 2023 21:57)

    Ich kann nur sagen Daumen hoch, ich bin sehr stolz auf Dich.