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Es nimmt kein Ende...

Obwohl ich meine letzte Therapiestunde letzte Woche hatte, habe ich mit meinem Blogbeitrag dazu etwas gebraucht. Das hatte mehrere Gründe. Wo fange ich da an?

 

Zuerst einmal berichte ich grob von der Therapiestunde, das ist das Beste denke ich.
Wir sind wieder einen Schritt weiter gekommen und ich muss sagen, dass ich am kompletten Tag nach dem Gespräch in einem kleinen Loch war. In mir wechselten sich verschiedene Gefühle immer wieder ab und beschäftigten mich. Dabei waren unter anderem Verzweiflung, Ratlosigkeit und der Drang aufzugeben. Ich habe an dem Tag gelernt wie Menschen ticken und wie ich ticke. Ich versuche es mal in eigenen Worten wieder zu geben und hoffe, dass ich nichts Falsches sage.

 

Jeder Mensch lebt nach Überzeugungen, der eine hat mehr und der andere hat weniger. Im "Normalfall" kann man mit seinen Überzeugungen gut leben, doch dann gibt es auch die Menschen (zu denen ich gehöre), deren Überzeugungen sie daran hindern ein geregeltes Leben zu haben.

 

Meine Therapeutin verdeutlichte mir das mit einer Geschichte, die in mir einiges ausgelöst hat. Im Nachhinein möchte ich sogar sagen, dass es in meinem Fall sogar eine Art Schock-Therapie war. Ich versuche einmal die Geschichte in etwa wieder zu geben, damit sich jeder ein Bild davon machen kann, wie das so mit den Überzeugungen läuft:

 

Es gab in Amerika eine Gruppe von Menschen, die davon Überzeugt waren, dass an einem bestimmten Stichtag Aliens auf die Erde kommen und alle, die sie nicht anbeten, würden umgebracht werden. Das weckte natürlich das Interesse eines Fernsehsenders und sie fragten, ob sie sie wie in einer Art Doku begleiten dürften, dem stimmten sie zu. Über Monate hinweg wurden sie also begleitet, wie sie den besagten Aliens huldigten und es entwickelte sich eine Art Sekte. Dann kam der Stichtag und nichts passierte. Also kam man auf die Leute zu und sagte, dass es ja nun bedeuten würde, dass es diese Aliens, an die sie glaubten, nicht gibt. Doch anders als es einem die Logik in so einem Fall zeigen würde, meinten diese Leute, dass es genau das Gegenteil zeigen würde. Eben dass es sie geben würde und sie nur nicht auf die Erde kamen um die Menschheit zu töten, weil sie sie zu gut angebetet haben und die Aliens somit entschieden haben, dass die ganze Menschheit überleben soll.

 

Was soll uns die Geschichte nun sagen? Wenn man gewisse Überzeugungen hat, dann dreht man sich alles was passiert so, dass die Überzeugungen immer bestätigt werden. So kann keiner etwas dagegen sagen, weil man sich alles immer so zurechtlegt, wie man es gerade braucht.

 

In meinem Fall ist es so, dass ich mich selbst nicht traue alleine raus zu gehen, aus Angst (als schwache Frau) überfallen oder vergewaltigt zu werden. Ich gucke also immer, dass ich nie alleine unterwegs sein muss, egal ob am helligten Tag oder abends, wenn es dunkel ist. Ich habe auch Angst davor, alleine mit meiner Kamera Fotos machen zu gehen, es könnte mir ja jemand die Kamera klauen. Für mich waren diese Ängste immer begründet, denn ich habe genau das gemacht, wie diese Alien-Gläubigen. Ich habe immer wenn ich etwas in den Nachrichten gehört habe von Anstieg der Kriminalität, Überfällen, Vergewaltigungen oder sonstigen Sachen als Beweis für meine Ängste betrachtet. Und ich konnte jedem Gegenargument von jemandem, der mich eines besseren Belehren wollte etwas entgegensetzen. Ich habe nie an meiner Überzeugung gezweifelt, im Gegenteil. Ich war wenn ich es streng betrachte, wie diese Sektenanhänger. Diese Tatsache war für mich letztendlich wie eine Schocktherapie, denn es gibt für mich nichts schlimmeres, als Fanatiker, die einer Hirnverbrannten Überzeugung nacheifern und nicht in der Lage sind Sachlich und Logisch nachzudenken.

 

Der Tag an dem mir mein "Denkfehler" bewusst gemacht wurde, war absolut grausam. Da ich total verzweifelt überlegt habe, wie ich das denn ändern könnte, schließlich habe ich sehr viele Jahre an dieser Überzeugung festgehalten. Umso verwirrter war ich, als ich am nächsten Morgen aufwachte und ich auf einmal komplett anders über das und einige andere Dinge, die ebenfalls unter dieses Überzeugungs-Schemata fiel, dachte. Ich bin nach wie vor sehr skeptisch, weil ich mir einfach nicht vorstellen kann, dass ich so mir nichts dir nichts meine Jahrelange antrainierte Denkweise verändert habe. Mein neuer Blick auf die Dinge änderte sich auch einige Tage später nicht, jedoch wurde eine andere sehr blöde Eigenart von mir schlimmer als je zuvor.

 

Ich habe seit einigen Jahren das Problem, dass ich bei dem kleinsten Wehwehchen sofort das schlimmste annehme. Ich weiß nicht ob ich mich schon als Hypochonder bezeichnen kann, aber ich komme mir oft so vor. Aktuell habe ich aber das Gefühl, als hätte sich das verschlimmert.

 

Ich weiß gerade nicht wie ich das erklären soll, ohne dass es total bescheuert klingt, daher benutze ich jetzt eine Umschreibung die es nur Erklären soll und von der ich hoffe, dass es das einfacher macht, auch wenn ich es nicht wirklich Wörtlich meine... Es wäre als würde ein Dämon in mir wohnen, der mich komplett steuert und nachdem ich mein ICH in einigen Bereichen von ihm befreit habe, konzentriert er sich auf die letzten Bereiche, von denen er noch Besitz ergriffen hat. Macht das deutlich was genau ich meine? Natürlich weiß ich, dass ich nicht von einem Dämon besessen bin, vielleicht ist es aber eine gute Metapher für meinen eigenen inneren "Dämon", den ich gerade bekämpfe.

 

Jetzt berichte ich davon, weshalb ich meine dass der Hypochonder in mir gerade stärker ist dennje. Das kostet mich gerade wirklich große Überwindung darüber zu schreiben, da es wirklich dumm ist und ich mich eigentlich für solche Gedanken schäme.

 

Also es fing ja alles mit dieser Panikattacke an, die ich hatte, von der ich bis heute noch nicht weiß, ob es wirklich eine Panikattacke war, oder ob ich da schon die Bronchitis hatte. Weiter ging es ja damit, dass ich nach dieser Attacke das Gefühl hatte, dass mein Brustkorb zusammengequetscht wird und ich oft nach Luft geschnappt habe. Hinzu kam da, dass mein Ruhepuls auf einmal auf 49 gefallen war und mir das irgendwie Angst machte, da ich sonst einen Ruhepuls zwischen 58 und 65 hatte. Das ganze ging dann soweit, dass ich abends eine wirkliche Panikattacke bekam, welche bewirkte, dass ich das Gefühl hatte, dass ich zwischendurch vergesse zu atmen, und ich begann mich nur noch auf meine Atmung zu konzentrieren, was das Schlafen fast unmöglich machte. Beim Arzt bestätigte sie mir, dass wohl aktuell viele mit denselben Symptomen bei ihr wären und sie verschrieb mir was gegen Panikattacken.

Sie hörte mich auch ab, allerdings war angeblich noch nichts zu hören. Ich berichtete ja davon, dass sich später herausstellte, dass ich eine Bronchitis hatte und dann Antibiotika bekam. Erst am 5. Tag von sieben nach der ersten Einnahme verbesserte sich das extreme Engegefühl in der Brust. Dennoch hatte ich Zeitweise immer noch Husten und später kam auch ab und an eine zue Nase dazu. Die Überweisungen zu Lungenarzt und Kardiologen bekam ich ja später, um verschiedenes abklären zu lassen. Meinen Termin beim Lungenfacharzt habe ich bereits hinter mir und die hat mich wirklich auf den Kopf gestellt. Röntgenbild, Lungenfunktionstest, Sauerstoffsättigung im Blut und EKG waren einwandfrei. Eigentlich ein Grund beruhigt zu sein... aber nicht ich.

In der Nacht, in der ich das Gerät tragen musste, wo gemessen wurde, ob ich Atemaussetzer während des Schlafs habe, war die Hölle. Ich habe extrem schlecht geschlafen und mitten in der Nacht war ich zwei Stunden wach und in denen hatte ich wieder besagte Panikattacke. Am nächsten Tag, an dem die Auswertung war, wurde mir mitgeteilt, dass ich ins Schlaflabor müsse, da ich in einer Stunde wohl 20 Atemaussetzer hatte, normal seien 5. Ich deutete auf die Panikattacke hin aber die hat wohl nichts damit zu tun.

Alles in allem waren die ganzen Sachen ja dennoch positiv, das Schlaflabor ist ja eigentlich nichts schlimmes, dennoch läuft mein Kopfkino nicht still. Vor allem weil es mir körperlich immer noch nicht gut geht. Ich bin davon überzeugt, dass alles vom Rücken kommt, aber der besagte Teil will das nicht wahr haben und flüstert mir andere Dinge zu. Mir drohte wieder alles über den Kopf zu wachsen, denn ich hatte auch noch einen Termin für einen Allergietest und für die Besprechung meines großen Blutbildes, welches sie angeordnet hatte, da sie bei mir eine Blutarmut (Eisenmangel) annimmt.

Man sieht, bisher alles nichts Weltbewegendes, dennoch habe ich fast die ganze Zeit Bauchschmerzen und in meinem Kopf schreit es die ganze Zeit das sicher noch irgendwas Schlimmes kommt. Ach ja hinzu kommt auch, dass ich vor kurzem härteren Stuhlgang hatte und ich mich am After verletzt habe und daher etwas Blut beim Abputzen war. Sofort ist das Kopfkino am Start. Das ging jetzt einige Tage lang.

 

Doch dann war der gestrige Tag. Wir haben einen Familienausflug gemacht. Ich weiß nicht was mit meinem Mann los war, doch der war mürrisch und auf Krawall gebürstet. Wir sind in den Südpark gefahren, ich hatte meine Kamera mit. Wir waren noch nicht lange unterwegs und schon bahnte sich ein Streit an, als dann letztendlich der Spruch von ihm kam, dass ich ja derjenige sei, der nur Streit suche, zog ich für mich einen Schlussstrich, da ich es nicht eskalieren lassen wollte. Ich machte auf dem Absatz kehrt und sagte ihm, dass ich mir den Schuh nicht anziehen würde und er alleine Spazieren gehen kann. Ich merkte im Augenwinkel natürlich, dass mein Sohn sich nach mir umguckte und mich die ganze Zeit nicht aus den Augen ließ. Im Nachhinein hatte ich dann wahnsinnige Gewissensbisse. War mein Verhalten richtig? Bin ich wieder nur davongelaufen? Hätte ich einfach eine Faust in der Tasche machen sollen? Was geht gerade in meinem Sohn vor?

Ich überschüttete mich selbst mit Vorwürfen, ich kämpfte mit den Tränen. Immer wieder guckte ich mich nach den Beiden um, bis sie aus meinem Blickwinkel verschwunden waren. Langsam begann ich durchzuatmen. Ich beschloss meine Kamera auszupacken und das zu tun, weshalb ich hier war. In meinem Kopf kreisten trotzdem die Gewissensbisse. Irgendwann wechselte ich das Objektiv und ab dem Moment begann meine Kamera rumzuspinnen. Sie wollte nicht mehr Fokussieren und erst recht keine Fotos machen. Ich versuchte den Fehler zu beheben, schafft dann auch noch einige Fotos, doch dann ging es von vorne los und diesmal half nichts. Also steckte ich die Kamera wieder weg und ich beschloss mich auf die Suche nach meinen beiden Männern zu machen. Denn trotz schlechtem Kopfkino merkte ich, dass ich auf einmal ruhiger und entspannter wurde und dass mir die Ruhe gut tat. Ich atmete einige Male tief durch und es fing an mir immer besser zu gehen.

Ich durchsuchte alles, doch ich fand sie nicht wo ich die beiden Vermutete. Also setzte ich mich auf eine Bank und genoss die Sonne. Ich nahm mein Handy und sah, dass mein Mann etwas in seinem WhatsApp Status gepostet hatte. Schon wusste ich, wo die Beiden ungefähr waren und ich beschloss ihnen entgegen zu gehen. Kurz danach schrieb mir mein Mann und fragte, ob ich Fotos machen sei, ich erklärte das meine Kamera wohl kaputt sei und er deutete mir, ich solle doch zu ihm kommen, der Kleine war eingeschlafen und er saß auf einer Bank unter einer Pergula. Ich hatte die beiden schnell gefunden.

Von ihm kam kein Wort der Entschuldigung, im Gegenteil, er tat so, als sei nichts gewesen. Er schaute sich die Kamera an und bestätigte, dass etwas nicht in Ordnung sei. Wir beschlossen weiter zu gehen. Irgendwann sprach mein Mann mich auf den Streit an, eine direkte Entschuldigung blieb allerdings aus. Stattdessen versuchte er sich mit einer Geste zu entschuldigen. Wir fuhren in die L`Osteria um etwas zu Mittag zu essen. Als wir später nach Hause kamen, war es etwa später Nachmittag. Ich beschloss mir etwas Gutes zu tun, und ging daher Baden. Ich lag lange im heißen Wasser, merkte dass sich meine Verspannungen lösten und alle schlechten Gedanken schienen von mir abzufallen. Am späteren Abend merkte ich, wie sich auf einmal auch meine Gedanken in Bezug auf das Schlaflabor und meine Wehwehchen änderten. Ich sah das auf einmal alles nicht mehr so eng, eher gelassen blickte ich allem entgegen. Leider währte dies nicht sehr lange, heute gegen Abend verschlimmerte sich mein Gedankenkarussel wieder ein wenig.

 

Aber vielleicht ist das dennoch ein Zeichen, dass ich auf einem guten Weg bin...

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