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Meine Größter Feind ist zurück...

Ich habe von meinem derben Rückfall berichtet... inwzischen hatte ich eine weitere Therapiestunde und erst dachte ich dass es mir diesmal nur wenig gebracht hat, denn ich fühlte mich diesmal anders wie zuvor, halt immer noch nicht so richtig "aufgebaut".

 

Allerdings bin ich ein Mensch der das gesprochene ein wenig auf sich wirken lässt um eventuell doch noch etwas Nutzbares daraus zu ziehen. Ich habe dieses Mal sehr viel Zeit dafür gebraucht. Habe viel mit anderen darüber gesprochen und dennoch bin ich noch nicht wirklich zufrieden gewesen. Ich habe mich die ganze Zeit gefragt, wieso ich gerade so dermaßen auf dem Schlauch stehe und einfach nicht weiter komme, vor allem, weil ich gerade feststellen musste, dass einer meiner größten Feinde zurück ist... Die Panikattacke!

 

Ich war so froh diese Zeit weit hinter mir gelassen zu haben und noch besser fand ich es, dass ich diese Periode meines Lebens nicht noch einmal durchleben musste, doch nun ist sie da. Es kam urplötzlich und ohne vorherige Ankündigung, ich wurde komplett von ihr überrascht. Und leider blieb es nicht bei einer.

 

Aber mal an den Anfang. Es gibt eine Sache, die ich bisher noch nie erwähnt habe, glaube ich zumindest. Nämlich dass ich das Gefühl habe, dass mein Sohn mich nicht liebt. Wenn ich mit ihm alleine bin, ist alles okay, aber sobald Papa zu Hause ist, bin ich komplett abgeschrieben. Ich darf ihn dann nicht mehr wickeln oder anziehen, wenn er sich weh tut, rennt er sofort zu Papa und und und. Im Grunde fühle ich mich immer wie das fünfte Rad am Wagen. Trotzdem muss ich immer überall mit hin, er möchte mich also unbedingt dabei haben. Egal ob es darum geht wegzufahren oder ins Bett zu gehen. Ich soll wenn es nach ihm geht immer mit. Im Bett aber zum Beispiel darf ich ihn dann oft gar nicht kuscheln oder streicheln. Er kuschelt mit Papa, guckt mich dann immer grinsend an, also ob er mich ärgern möchte. Ich habe von vielen gehört, dass das vollkommen normal ist und sich das auch wieder mal ändern kann. Trotzdem habe ich da ein wahnsinniges Problem mit und ich fühle mich total mies und mein Selbsthass steigt dadurch noch weiter an, weil ich meine, nicht Liebenswert zu sein und ich alles Falsch mache.

 

Dann kam der Tag, als ich ihn aus der Kita abgeholt habe. Drinnen war noch alles gut und wir gingen vergnügt die Treppe rauf. Mein Sohn öffnete das Tor und war leider zu übermütig, so dass er sich dieses vor die Zähne haute, da es zurückschnellte. Die Glucke in mir wurde wach und ich fragte sofort besorgt ob er sich wehgetan habe. Er drehte sich mit weinerlichem Gesicht um und wollte auf den Arm. Allerdings wollte er nicht auf den Arm, weil er von mir getröstet werden wollte, sondern weil ich ihn zu Papa, der draußen am Auto auf uns wartete bringen sollte. Schon nach den ersten zwei Schritten begann ich auf einmal zu hyperventilieren. ich atmete schnell und versuchte Luft zu bekommen. Weil ich sah, dass der kleine Mann Blut an seiner Hand hatte, vergaß ich meinen Zustand kurz, setzte ihn auf eine Mauer und wollte mir das mal ansehen, stattdessen brüllte er nur noch mehr und warf sich mir wieder um den Hals und deutete nach draußen zu Papa. Ich ging also weiter. Schloss umständlich das nächste Tor und ging mit extremer Schnappatmung weiter. Eine weitere Mauer einige Schritte weiter diente mir als nächsten Pausenpunk, wo ich mir kurz die Maske runterzog und versuchte meine Atmung zu beruhigen, denn inzwischen brannte meine Brust wie die Hölle. Wieder deutete mir mein Sohn, dass ich weiter gehen solle. Anstatt ihn abzusetzen und ihn selbst laufen zu lassen, machte ich gute Miene zum bösen Spiel und trug ihn weiter. Erst mussten wir noch durch die Empfangshalle des Altenplegeheims, in wessen Räumen sich die Kita befand, vorbei an einigen älteren Herrschaften, die draußen auf Stühlen das schöne Wetter genossen und uns mitleidig ansahen. Ich mühte mich ein verständliches "Er hat sich gerade wehgetan" rauszubringen und eilte zu meinem Mann, der mir den kleinen abnahm. Ich selbst klappte fast zusammen und brachte erst einmal meine Atmung wieder unter Kontrolle.

 

Ich hatte keine Ahnung was das war, ich hatte letztendlich gedacht, dass ich mich beim hochheben verknackst habe und sich diese Blockade auf meine Atmung auswirkte. Hatte schon in der Vergangenheit einen eingeklemmten nerv gehabt der für Kurzatmigkeit sorgte. Die Tage vergingen und mir ging es immer schlechter. mein Brustkorb fühlte sich an, als würde er zusammengedrückt werden und ich war total kurzatmig. Dann bemerkte ich auf meiner Fitnessuhr, dass meine Ruheherzfrequenz bei 48 lag. Daraufhin kontrollierte ich meinen Verlauf und stellte fest, dass die Ruheherzfrequenz seit dem Vorfall rapide gesunken war. Ich bekam Angst, versuchte das alles aber auszublenden, doch als ich am Abend ins Bett gehen wollte merkte ich, dass ich ständig, wenn ich gerade in den ersten Schlummer fiel, sofort wieder hochschreckte, weil ich auf einmal das Gefühl hatte, dass ich vergessen hätte zu atmen. Ich weiß es klingt verrückt, aber ich hatte wirklich das Gefühl dass ich manchmal nicht atmen würde, denn ich bildete mir ein, dass ich weniger Atme und dass das die niedrige Herzfrequenz hervorrufen würde. Also stand ich auf und ging wieder ins Wohnzimmer.

 

Dann machte ich einen großen Fehler, ich googelte. Eigentlich wollte ich nur wissen welche Ruheherzfrequenz normal ist, aber natürlich wurden mir viele andere Sachen, die ich gar nicht wissen wollte angezeigt und wie jeder weiß, der schon mal ein Symptom gegoogelt hat, man ist meistens dem Tode nahe.

 

An Schlaf war nicht mehr zu denken, obwohl ich Hundemüde war.

 

Es wurde immer schlimmer, bald merkte ich, dass ich mich total stark auf meine Atmung konzentrierte, um ja nicht aufzuhören. Wieder Googelte ich, aber diesmal half mir das was ich gefunden hatte ein wenig. Ich fand ein medizinisches Forum, wo jemand genau dasselbe hatte wie ich, also die Frau hatte auch das Gefühl, als müsste sie genau auf ihre Atmung achten und sie hatte das Gefühl, sie würde manchmal vergessen zu atmen. Die antworten wiesen auf eine Psychische Ursache hin, manch nannten es eine Panikattacke. Ich hatte somit eine Erklärung, die eigentlich auch zu meiner derzeitigen Situation passte, trotzdem war ich noch nicht wirklich zufrieden. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dass es eine so "einfache" Erklärung hatte und ich erwartete beinahe schon, dass es noch was anderes ist, denn wie kann die Psyche eine so krasse Auswirkung auf den Körper haben? Ich verstehe es einfach nicht (und mein Problem ist ja auch, dass ich alles geklärt haben muss).

 

Jedenfalls bin ich am nächsten Morgen sofort zu meiner Hausärztin um das abzuklären. Ihr erster Spruch war: "Genau dieselben Symptome hatten in den letzten Wochen viele meiner Patienten und es handelte sich in allen Fällen um Panikattacken. Ich werde sie dennoch einfach abhören und untersuchen." Ich war perplex. Alle Untersuchungen deuteten darauf hin, dass alles in Ordnung ist. Dennoch ordnete sie ein Langzeit EKG und ein großes Blutbild an, da dies schon länger nicht mehr gemacht wurde. Ich bekam den Termin dafür allerdings erst zwei Tage später, weil aktuell alle Geräte vergeben waren. Ich berichtete von meiner Therapie, woraufhin sie mich fragte, ob die Therapeutin auch Medizinerin sei, wegen möglicher Medikamenten, doch das hatte ich schon einmal angesprochen gehabt, und ihr war es wichtig das eine vom anderen zu trennen, so dass ich bei Bedarf sowieso zu meiner Hausärztin hätte gehen müssen. Daraufhin verschrieb sie mir etwas gegen Panikattacken, was ich dankbar annahm.

 

Mir kam die Dosierung zwar extrem niedrig vor aber ich lies mich darauf ein (es war ohnehin ein Wunder dass ich freiwillig nach einem Medikament fragte, denn ich nehme sehr ungerne Medikamente, selbst bei Kopfschmerzen halte ich es lieber aus, als was zu nehmen). Ich bekam 1mg Tabletten verschrieben, von denen ich jedoch nur die Hälfte nehmen sollte. Echt jetzt? 0,5mg? Ich war skeptisch. Nahm allerdings sofort eine halbe. Lange tat sich nichts und ich dachte schon, dass es wohl doch keine Panikattacken sind, da die Tabletten ja nicht wirkten... doch nach etwa 4 Stunden merkte ich auf einmal, dass mein Brustkorb nicht mehr so zugeschnürt war und ich besser Luft bekam. Ich hatte zwar Anfangs immer noch manchmal das Gefühl, als würde ich manchmal aufhören zu atmen, aber nach der zweiten Hälfte am Abend war das Gefühl auch weg.

 

Was ich vergaß zu sagen war, dass sich anscheinend immer noch Nachwirkungen meiner Erkältung bemerkbar machen, was sich mit Schweißausbrüchen bei Anstrengung, (trockenen) Husten und manchmal etwas Schleimauswurf äußert. Das führt natürlich auch dazu, dass ich mir dennoch Gedanken mache, weil ich nie weiß, was es denn gerade ist. Ich bin einfach noch nicht in der Lage das einfach hinzunehmen, sondern mache mir immer Gedanken, sobald das eine oder das andere passiert.

 

Wieder ein Tag später, also heute war es schon besser, ich hatte jedoch ziemliche Rückenschmerzen und so ein Gefühl wie Muskelkater. Hinzu kam auch noch, dass ich jetzt meine Verspannung extrem spürte, welche sich wie immer auf meinen Nacken ausbreitete, was zeitweise zu Kopfschmerzen führte. Durch die Verspannung kam es öfters mal dazu, dass ich wieder ein wenig Atembeklemmungen hatte.

 

Morgen muss ich zur Blutabnahme und bekomme mein Langzeit-EKG angelegt, ich glaube so richtig aufatmen tue ich trotzdem erst, wenn ich die Ergebnisse habe und diese positiv ausfallen.

 

Auf Anraten meiner Ärztin habe ich aktuell die Funktion der Herzfrequenzmessung ausgeschaltet, sie meinte das tut mir gerade nicht gut und führt nur zu noch mehr Panik.

 

Ich werde berichten, wie es weiter geht und wie ich es schaffe meine Panikattacken in den Griff zu bekommen.


Trotz der ganzen Sache mit den Panikattacken und meiner Physischen und Psychischen Verfassung habe ich dennoch geschafft mir einige Gedanken über das Besprochene aus der letzten Therapiestunde zu machen.

 

Die Frage, die bei der letzten Sitzung im Raum stand war, was der Auslöser meines erneuten "Absturzes" war. So richtig konnten wir das in der Stunde nicht erforschen. Letztendlich blieb es nur bei Mutmaßungen. Als ich mir genau über diese Frage den Kopf zerbrach und dann auch noch die Panikattacken dazu nahm, kam mir ein Gedanke, denn so ähnlich war es damals, als das erste Mal mit Panikattacken zu tun hatte auch.

 

Die Erklärung ist, je häufiger ich sie mir durch den Kopf gehen lasse immer plausibler. Dazu muss ich ein wenig ausholen. Ich habe ja vor kurzem einen Beitrag veröffentlicht, indem ich über alles was sich gerade positiv in meinem Leben entwickelt hat, berichtet habe. Ich redete auch darüber dass ich das erste Mal seit lange wieder Glück empfunden habe und auch dass ich stolz sei. Kurz nachdem ich diese Worte niedergeschrieben hatte, kam der Absturz.

 

Damals war das genauso. Ich merkte wie ich mein Leben wieder in den Griff bekam, damals hatte ich zusätzlich sogar noch geschafft 35 Kilo abzunehmen, so dass ich es nicht mehr weit bis zu meinem Wunschgewicht hatte. Doch als mir klar wurde, was ich alles geschafft hatte, was ich mir vorgenommen hatte und wie wahnsinnig stolz ich auf mich sein konnte, da kam der Absturz. Die Depression erreichte neue Dimensionen, Ich nahm in kürzester Zeit wieder alles Abgenommene zu, weil ich wieder komplett in alte Essensmuster verfiel und diesmal kamen auch Ängste und Panikattacken hinzu. Ich hatte damals Angst (alleine) vor die Tür zu gehen (Soziale Fobie). Ich schloss mich regelrecht zu Hause ein und musste mich selbst in Begleitung immer zwingen das Haus zu verlassen. Ich verließ mich komplett auf andere und bekam gar nichts mehr alleine hin. So der damalige Stand.

 

Als ich mir alles noch einmal durch den Kopf hab gehen lassen, merkte ich, dass ich auf einmal eine Angst entwickelt habe, mich alleine um alles Mögliche zu kümmern, ich beziehe mich hier speziell auf alles, was außerhalb meiner 4-Wände passiert. Anfangs freute ich mich darauf, endlich wieder "freier" zu sein, den Kleinen von der Kita abzuholen und vielleicht dann noch etwas mit ihm zu unternehmen. Doch wenn ich aktuell daran denke, ihn alleine von der Kita abzuholen, kreist mir sofort die Panikattacke durch den Kopf und ich bekomme Angst, dass das wieder passiert und ich mich nicht um den kleinen Kümmern kann, ich ihn nicht "gebändigt" bekomme und er mir gar davonläuft und wohlmöglich unters Auto kommt. Mir gehen die grausamsten Szenarien durch den Kopf, so dass ich mich gerade Frage, wie ich es schaffen soll, wieder aus diesem blöden Gedankenkonstrukt heraus zu kommen. Die Panikattacken die ich aktuell ständig habe, sind dabei auch nicht sonderlich hilfreich.

 

Ich beginne gerade wieder, mich selbst zu manipulieren, so dass ich mich dann doch wieder in mein altgewohntes Mauseloch verkrieche, indem ich mich auf alle anderen Verlasse und hoffe, dass sie mit alles abnehmen und ich mich um nichts kümmern muss, weil es ja die anderen für mich machen... Außerdem fühle ich mich gerade wieder darin bestätigt, wie nutzlos und unfähig ich bin.

 

Allerdings WILL ICH DAS NICHT MEHR!!Ich habe die Schnauze voll davon, ich möchte keine Angst mehr vor dem Leben haben, ich möchte das Leben genießen. Ich möchte die Zeit mit meinem Sohn genießen. Ich möchte aufhören, ihm oder anderen Vorzuschreiben wie sie ihr Leben leben sollen. Ich möchte mich mehr auf mich konzentrieren und mich um mich kümmern, so wie ich es in den letzten Jahren für andere gemacht habe.

 

Aber wie schaffe ich es die Selbstzweifel abzulegen und meine Ängste zu besiegen?

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Kommentare: 1
  • #1

    Birgit Müller (Samstag, 17 September 2022 00:03)

    Ich habe deinen Beitrag durchgelesen. Es errinnert mich voll an die Zeit von damals. Also ich möchte jetzt noch nicht so viel zu dazu sagen, weil ich glaube das du das mit der Frau Kos auf die Reihe bekommst. Ich bin immer für dich da, ich möchte auch das du mit mir redest. Ich kann dir nur immer wieder sagen, das du ein sehr wertvoller, liebenswerter Mensch bist und und. Nur du musst es auch annehmen. Und sei stolz auf dich. Du wirst es schaffen glaube es mir.